Auf der Suche nach dem Heiligen Gral der Stützmaterialien

26. July 2021Dr. Andrei Neboian

Stützmaterialien werden beim FFF-3D-Druck verwendet, um Überhänge in Ihren Teilen abzustützen. Aber welches ist das beste Material für diesen Zweck?

Inhalt

Als ich ein Kind war, sah ich, wie in meiner Heimatstadt eine Brücke gebaut wurde.

Zuerst errichteten die Bauarbeiter Metallstützen – hohe gitterartige Säulenstrukturen, die fest auf dem Boden standen. Dann, als alle Stützen aufgestellt waren, begannen die Arbeiter, die Eisenbahn darauf zu bauen.

So wurde die Brücke von Tag zu Tag länger. Sobald die Brücke ihr eigenes Gewicht halten konnte, entfernten die Ingenieure die Stützen. Einige Brücken werden auch heute noch auf diese Weise gebaut. Die Stützen verhindern, dass die Brücke zusammenbricht, bevor die Konstruktion fertig ist.

Brückenbau Großbritannien
Bau einer Brücke in Großbritannien mit Metallbühnen als Stützen (CC PDM 1.0 Image)

Genau wie diese Brücken benötigen auch einige 3D-gedruckte Teile Stützen. Sie stabilisieren überhängende und schwebende Flächen von unten. Und genau wie bei den Brücken werden die Stützkonstruktionen am Ende wieder entfernt.

3D-Druck-Anwender greifen auf die folgenden 5 Methoden zurück, um Stützen für ihre FFF-Teile zu bauen.

Vor- und Nachteile der 5 Methoden für Stützstrukturen beim 3D-Druck

1. Triviale Methode: Vermeiden Sie Stützstrukturen

Das alte Sprichwort eines erfahrenen 3D-Druck-Anwenders lautet: Die beste Stütze ist gar keine Stütze. Obwohl die Technik trivial klingt, ist sie nicht so einfach, wie sie scheint.

Durch geschickte Planung Ihres Druck-Designs können Sie Teile konstruieren, die keine Stützstrukturen benötigen. Diese sorgfältig entworfenen Teile haben keine Überhänge, die ein Gerüst erfordern. Manche Designer drucken ihre Modelle sogar in mehreren Teilen, die sie später zusammensetzen oder zusammenkleben.

Für diese Technik reicht ein 3D-Drucker mit einem einzigen Druckkopf aus, was sie für viele Anwender zu einer praktikablen Wahl macht. Außerdem hilft diese Strategie den Anwendern, wertvolle Druckzeit zu sparen, da der Druck ohne Stützen weniger Zeit in Anspruch nimmt.

Diese Technik funktioniert gut für einige – typischerweise sehr einfache – Designs. Aber viel zu oft müssen Ingenieure, Abstriche bei ihren Teilen machen, um Stützen gänzlich zu vermeiden. Und oft genug können einige Teile überhaupt nicht ohne Stützen gedruckt werden. Wie die Brücke oben, würden sie zusammenbrechen, bevor sie fertig sind.

Schauen wir uns also unsere nächste Option an.

2. Einsteiger-Methode: Modellmaterial für Stützen verwenden

Diese Methode funktioniert auch mit einem Ein-Kopf-3D-Drucker. Der Trick dabei ist, das Modell und die Stützen aus demselben Material zu drucken. Diese Methode ist so einfach, dass viele Anwender ihre 3D-Druckreise mit dieser Art von Stützen beginnen.

Diese Technik hat eine entscheidende Stärke.

+ Die Verwendung eines Ein-Kopf-3D-Druckers vereinfacht viele Dinge.

+ Solche Geräte sind weniger teuer, oft zuverlässiger und die Kalibrierung ist in der Regel einfacher als bei 3D-Druckern mit zwei Druckköpfen.

+ Außerdem nimmt das Drucken mit einem einzigen Material weniger Zeit in Anspruch, da Ihr Drucker nicht zwischen zwei Druckköpfen umschalten muss.

+ Mit dieser Methode können Sie auch ein paar Euro sparen.

Modellmaterial ist oft preiswerter als ein spezielles Stützmaterial wie PVA oder VXL. Es gibt jedoch ein paar Ausnahmen. Zum Beispiel sind High-End-Druckmaterialien wie PEEK teurer als passende Stützmaterialien (VXL 130). Daher ist die Verwendung eines dedizierten Trägermaterials wie VXL in diesem Fall die bessere Wahl. Aber dazu später mehr.

Es scheint, dass Sie mit dieser Methode im 3D-Druck sehr weit kommen werden. Aber wir müssten unseren Artikel hier beenden, wenn diese Methode keine Schwächen hätte.

Jeder 3D-Drucker baut Modelle Schicht für Schicht auf. Diese Schichten haben die Aufgabe gut aneinander zu haften, damit am Ende ein robustes, stabiles Teil entsteht. Wenn Sie also Stützstrukturen aus dem gleichen Material wie das Modell drucken, haften die Stützen natürlich auch sehr gut an Ihrem Modell. Am Ende stehen Sie also vor einem Problem: Wie entfernen Sie die Stützstrukturen?

Normalerweise lassen sich Stützstrukturen aus dem gleichen Material nur mühsam entfernen, da sie zu gut mit dem Modell verkleben. Zangen, Pinzetten und die gute alte Muskelkraft können Ihnen helfen, die Gerüste wegzureißen. Aber das Entfernen von gut verklebten Stützen hinterlässt oft Narben und Kratzer auf der Oberfläche Ihres Modells. Im schlimmsten Fall – vor allem bei filigranen Details – reißen Sie einen Teil Ihres Modells mitsamt den Stützen ab.

Einige versierte Anwender nehmen eine Feinabstimmung ihrer Einstellungen vor, um diesem Problem Abhilfe zu schaffen. Sie reduzieren zum Beispiel die Drucktemperatur der Stützstrukturen und erhöhen den vertikalen Abstand zwischen den Stützschichten und dem Modell. Diese Tricks senken die Haftfestigkeit der Gerüste am Modell.

Wenn Sie also die richtigen Einstellungen vornehmen, lassen sich die Stützen leichter entfernen. Aber diese Methode hat zwei große Nachteile. – – Erstens beeinträchtigt der vergrößerte Stützmaterial-zu-Modell-Abstand die Oberflächenqualität Ihres Modells.

Außerdem können Stützstrukturen in schwer zugänglichen Bereichen (denken Sie an Aushöhlungen) in Ihrem Modell gefangen werden, die nie wieder das Tageslicht sehen werden.

Es muss also eine bessere Lösung geben.

3. Schnelle Methode: Dediziertes Wegbrechmaterial verwenden

Lassen Sie uns die vorherige Methode auf die nächste Stufe bringen. Was wäre, wenn Sie Ihre Stützgerüste aus einem anderen Material drucken könnten? Ein solches Material sollte leicht zu entfernen sein, aber dennoch genügend Halt für Ihr Modell bieten. Wir nennen sie “wegbrechbare” Stützen.

Nun, diese Methode erfordert einen 3D-Drucker mit mindestens zwei Druckköpfen: einen für Ihr Modellmaterial und einen weiteren für Ihr “Break-away”-Stützmaterial.

In unserem früheren 3D-Drucker-Modell Xioneer Desktop verwendeten wir ein Trägermaterial, das wir GeckoPeel nannten. Es war ein weiches Polymer, das Sie nach dem Druck von Ihrem Modell abziehen konnten. Dies schien wie ein Heiliger Gral für viele 3D-Drucker-Anwender, aber der Aufwand überwog oft die Vorteile. In tiefen Löchern und Hohlräumen verblieben immer noch verdeckte Stützstrukturen. Dies hinderte viele Anwender daran, ihre Projekte zu drucken.

Genau wie bei der vorherigen Technik fanden wir es schwierig, den perfekten Grad der Bindung zwischen dem Modell und seinen Stützstrukturen zu wählen. Wenn die Bindung während des Drucks zu schwach war, lösten sich die Stützen schnell vom Modell und ruinierten den Druckauftrag. Wenn die Bindung jedoch zu stark war, hatten wir Schwierigkeiten, die Stützen danach zu entfernen. Außerdem variierte die Klebekraft bei verschiedenen Modellmaterialien. GeckoPeel haftete gerade genug auf PLA. Aber auf Nylon (PA) haftete es zu gut, sodass es sich später nicht mehr entfernen ließ.

Ich habe diese Methode in diesem Artikel als “schnell” bezeichnet. Denn im Idealfall sind wegbrechbare Stützen in ein paar Minuten abgezogen. In der Tat funktioniert das bei einigen Teilen mit fein abgestimmten Druckeinstellungen. Aber andere Modelle erfordern bessere Lösungen

Bühne frei für lösliche Stützmaterialien.

4. Faule Methode: Lösliches Stützmaterial verwenden

Die gute Nachricht ist: Es gibt thermoplastische Materialien, die Sie in einer Flüssigkeit auflösen können.

Das Drucken von auflösbaren Stützstrukturen hat einen großen Vorteil gegenüber wegbrechbaren Stützen – kein Gefummel mit Zangen und Pinzetten mehr. Die Flüssigkeit übernimmt die Aufgabe, die Stützen zu entfernen, während Sie in der Zwischenzeit andere Dinge tun können. Für viele Geometrien können lösliche Stützen ein echter Segen sein. Die Flüssigkeit kann kleine Hohlräume und Löcher besser erreichen als jedes handgeführte Werkzeug.

Bei wegbrechbaren Stützen müssen Sie darauf achten, dass die Modell-Stützen-Verbindung weder zu stark noch zu schwach ist. Bei auflösbaren Stützen müssen Sie nur sicherstellen, dass diese Verbindung stark ist. In der Tat, je stärker, desto besser. Mit dem richtigen löslichen Trägermaterial haben Sie also weniger Parameter, an denen Sie herumschrauben müssen. Daher verdient diese Methode wirklich den Platz der “einfachsten” Lösung.

Für diese Technik benötigen Sie einen FFF-3D-Drucker mit mindestens zwei Druckköpfen. Um die Stützen zu entfernen, benötigen Sie außerdem einen Behälter mit einem Lösungsmittel, das Ihre Stützen auflöst. Aber vergessen wir nicht: Sie brauchen auch das richtige lösliche Stützmaterial. Und an dieser Stelle wird es knifflig.

5. “Am Rande”: Schnittstellen-Schichten (Interface-Layers)

Damit kommen wir zur letzten Methode, die auch die fortschrittlichste ist. Sie kombiniert zwei Techniken: lösliche und wegbrechbare Stützen.

Erstellen Sie den größten Teil Ihrer Stützstrukturen mit Ihrem Modellmaterial. Der Trick ist jedoch, eine zusätzliche Schicht zwischen dem Modell und den Stützen aus löslichem Stützmaterial zu drucken. Auf diese Weise stellen Sie eine gute Verbindung zwischen Ihren Stützen, der Zwischenschicht und Ihrem Modell sicher. Auf diese Weise sparen Sie Geld für das teure Stützmaterial und erhalten trotzdem eine erstaunliche Oberflächenqualität auf Ihrem Teil.

Diese Methode hat einige Nachteile. Einige Stützen – besonders in tiefen Löchern und Hohlräumen – können im Modell eingeklemmt bleiben. Dennoch ist diese Methode für viele Teile ein guter Kompromiss.

3 Haupttypen von löslichen Stützmaterialien für FFF

1. Wasserlösliche Stützmaterialien

(PVA, BVOH, und andere). Diese Materialien sind bei den meisten Filament-Anbietern leicht erhältlich. Sie können in reinem Wasser aufgelöst werden, was sie so verlockend macht.

Allerdings ist der Segen der wasserlöslichen Materialien auch ihr Fluch. Da sie sich in Wasser auflösen, nehmen sie auch Feuchtigkeit aus der Luft auf, wenn Sie sie ungeschützt lagern. Wasserlösliche Materialien müssen also trocken gelagert werden (ich meine wirklich trocken!), damit sie Ihre Druckaufträge nicht ruinieren.

Ein weiterer Nachteil von wasserlöslichen Materialien: Sie sind mit den meisten Modellmaterialien nicht kompatibel. Zum Beispiel funktioniert PVA nicht mit Hochtemperaturmaterialien wie PEEK. Träger aus PVA werden unter der Hitze von geschmolzenem PEEK (390-410 °C) zusammenbrechen oder verbrennen. Außerdem erfordern diese High-End-Materialien hohe Baukammertemperaturen, die PVA und BVOH unbrauchbar machen.

Bei anderen Materialien mit niedriger Oberflächenenergie, wie z.B. PolyCarbonat (PC), haften die Träger aus PVA einfach nicht gut genug und können sich während des Druckvorgangs ablösen.

Ein weiterer Nachteil von PVA (und BVOH) ist das schnelle Auskristallisieren unter Hitze, was zu verstopften Düsen führt.

2. Öl-lösliche Stützmaterialien

(z.B. HIPS) Das Lösungsmittel ist z.B. Limonen, eine Flüssigkeit auf Ölbasis, die aus Orangenschalen gewonnen wird.

Als wir HIPS und Limonen zum ersten Mal ausprobierten, liebten wir den erfrischenden Duft von Orangen rund um unseren Waschtank. Aber mit der Zeit durchdringt der intensive Geruch alles, was er berührt: Ihre Hände, Ihre Kleidung. Sogar unseren Hund.

Aber das Schlimmste ist: alle Ihre Teile werden auch nach Orangen riechen. Wenn Sie also Fragen darüber vermeiden wollen, ob Sie auf einer Orangenfarm arbeiten – ist diese Option vielleicht nicht die beste Wahl. Außerdem brauchen diese Stützmaterialien in der Regel länger, um sich aufzulösen, als andere Optionen.

Schließlich sind Limonen entflammbar, reizend und nicht preiswert.

3. Alkalilösliche Stützmaterialien

(momentan nur VXL für FFF) sind in warmen, milden Alkalilösungen löslich.

Zu den Vorteilen dieser Stützmaterialien gehören die starke Haftung an den meisten Modellmaterialien, die Hochtemperaturbeständigkeit, die Temperaturstabilität und die einfachen Lagerungsanforderungen. Außerdem lassen sich diese Materialien tendenziell schneller auflösen als wasserlösliche Materialien. Mit neuen kostengünstigen Waschsystemen wie dem Vortex EZ können Sie die Auflösung weiter beschleunigen.

Wie wählen Sie also das richtige lösliche Stützmaterial für Ihr Projekt?

Hier sind ein paar Punkte, die Sie berücksichtigen sollten:

  • Geringe Feuchtigkeitsempfindlichkeit: Dsa Stützmaterial ist leicht zu lagern ohne Feuchtigkeit aus der Lust aufzunehmen.
  • Löst sich gut auf: Das Stützmaterial löst sich schnell auf und die Lösung beeinträchtigt nicht Ihr Wohlbefinden (z.B. Geruch)
  • Temperaturen: Die Drucktemperatur des Stützmaterials liegt nahe an der Drucktemperatur des Modellmaterials (d.h. das eine verbrennt das andere nicht).
  • Bindung: Modell- und Stützmaterial müssen sich gut miteinander verbinden, um ein Verziehen und Ablösen während des Druckvorgangs zu verhindern.
  • Drucken: Schließlich muss das Stützmaterial generell zuverlässige Druckeigenschaften haben und darf Ihre Düse nicht verstopfen.

Welches Druckmaterial ist das richtige für Ihre Anwendung?

In der Überschrift dieses Artikels frage ich nach dem “Heiligen Gral” der Stützmaterialien. Aber ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob es ihn gibt. Die richtige Lösung hängt immer davon ab, was Sie brauchen und welche Ausstattung und welches Budget Ihnen zur Verfügung steht.

Lösliche Stützmaterialien bieten viele Vorteile gegenüber anderen Methoden. Unter ihnen triumphiert das Stützmaterial VXL mit seiner Leistung und Zuverlässigkeit über andere Lösungen. Außerdem ist VXL in vier Varianten erhältlich, die zu fast jedem Projekt passen. Darüber hinaus ist es einfach zu verdrucken. Bei unseren Druckaufträgen mussten wir oft nur die Temperatureinstellungen des Druckers ändern, um mit VXL gute Ergebnisse zu erzielen – sogar bei verschiedenen 3D-Druckerherstellern.

Wenn Sie mehr über die Vorteile von VXL erfahren möchten, lesen Sie meinen anderen Artikel.

Entdecken Sie unser lösliches Stützmaterial VXL

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Autor:Dr. Andrei Neboian

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